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Wann muss eine Geburt spätestens eingeleitet werden?

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Dieser Artikel ist hebammengeprüft.

Wenn Schwangere über den Termin gehen, steht bei vielen ab ET+7 eine Frage im Raum: Geburt künstlich einleiten oder abwarten? Die Entscheidung fällt Ärzten und Ärztinnen (und auch den Frauen) nicht immer leicht. Aber warum ist das so, wie sieht es mit dem Selbstbestimmungsrecht der werdenden Mutter aus, und ist eine Einleitung wirklich immer nötig? Wir klären auf.

Wann meistens eingeleitet wird

Dass der errechnete Geburtstermin nicht sicher ist, weißt du bestimmt. Nur 4 Prozent der Kinder kommen tatsächlich am errechneten Termin zur Welt, egal wie oft dieser korrigiert wurde. Denn erst, wenn das Kind wirklich bereit ist, löst es durch Hormone den eigentlichen Geburtsvorgang aus. Und das dauert eben unterschiedlich lange. Bis zu drei Wochen vor und zwei Wochen nach dem ET sind theoretisch im Rahmen. Von echter Übertragung, die durchaus ein höheres Risiko darstellt, spricht man erst nach ET+14 (also SSW 42+0). Vorher ist es nur eine “Terminüberschreitung”.

Dennoch wird jede 5. Geburt in Deutschland künstlich eingeleitet. Die meisten dieser Einleitungen sind nicht medizinisch notwendig, sondern eine reine Vorsichtsmaßnahme. Studien zeigen, dass nach dem ET die Wahrscheinlichkeit für Komplikationen im Mutterleib nach und nach ansteigt. Seit es so viele Einleitungen gibt, ist die Rate der Lebensgeburten gestiegen. Das ist tröstlich und spricht für das Vorgehen.

Man kann nur mutmaßen, ob auch die bessere Planbarkeit einer eingeleiteten gegenüber einer abgewarteten Geburt zu den hohen Einleitungsraten beiträgt. Viele Krankenhausärzte raten bei ET+7 (SSW 41+0) zur Einleitung. Länger als bis ET+10 (SSW 41+3) warten die wenigsten Ärzte ab, ohne es der Schwangeren nachdrücklich ans Herz zu legen. Spätestens bei ET+13 (SSW 41+6) werden die meisten nervös. Richtige Übertragungen gibt es so gut wie gar nicht mehr, zumindest hier in Deutschland nicht.

Frauen, die bereits 40 Jahre alt sind, werden aufgrund von Studien immer öfter dazu überredet, schon am ET die Geburt künstlich in Gang bringen zu lassen. Einige Hebammen sehen diese Entwicklung kritisch. Zumindest, wenn eigentlich nichts gegen ein Abwarten spricht.

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Einleitung, oder nicht? Wann sie sinnvoll ist (und wann nicht)

Zuerst einmal gilt trotz aller Statistiken: wenn alles in Ordnung ist, dein Kind und du gut überwacht werden, ist die in Absprache mit den Ärzten und Hebammen getroffene Entscheidung zunächst abzuwarten oftmals die beste Variante. Sobald sich einer dieser Faktoren ändert, kann eine Einleitung jedoch eine gute Möglichkeit sein, um die Geburt anzustoßen.

Dass Geburten nicht oder mit Verzögerung von allein starten bzw. einfach mittendrin aufhören ist selten, kann aber vorkommen. Ärzte sprechen dann von einer Wehenschwäche. Eine Wehenschwäche kann (extrem selten) angeboren sein oder (ebenfalls selten) durch folgende Faktoren ausgelöst werden:

  • Mehrlingsschwangerschaft
    Wenn sich mehrere Kinder eine Gebärmutter teilen, kann das zu Überdehnung führen. Eine Überdehnung kann zum Ausbleiben von Wehen führen.
  • Sehr großes Baby (Vorsicht: Messungenauigkeiten bis zu 1 kg!)
    Wenn das Kind im Verhältnis zum Körper der Frau sehr groß ist, kann es ebenfalls zur Überdehnung kommen. Eventuell ist das Kind auch so groß, dass es nicht richtig ins Becken passt und keinen Druck auf den Gebärmutterhals ausüben kann, der für den Wehenstart nötig wäre.
  • Sehr viel Fruchtwasser
    Manche Frauen haben z.B. aufgrund von (unerkanntem?) Schwangerschaftsdiabetes sehr viel Fruchtwasser. Dadurch wird der Uterus ebenfalls überdehnt. Das Baby hat meist noch viel Platz zum Schwimmen und drückt kaum nach unten.
  • Kind sitzt nicht fest im Becken
    Wie schon beim großen Baby erwähnt, kann eine ungünstige Kindslage (Querlage oder Beckenendlage) abhängig von der Anatomie der Schwangeren den Wehenbeginn verzögern.
  • Kurz aufeinander folgende Geburten
    Wenn eine Geburt mit kurzem Abstand auf die andere folgt, kann die Gebärmutter so geschwächt sein, dass sie keine richtigen Wehen produzieren kann.
  • Die Schwangere ist schon älter
    Je älter die Frau, desto schwächer mitunter die Muskulatur. Das bedeutet zwar nicht, dass jede ältere Schwangere Probleme bei der Geburt haben wird. Es erhöht aber das Risiko für Komplikationen und eben auch das einer Wehenschwäche.
  • Ab ET+14
    Ab zwei Wochen nach Geburtstermin ist das Risiko einer Totgeburt deutlich erhöht. Wenn du nicht gerade sicher bist, dass sich deine Ärztin beim ET verrechnet hat, ist eine Einleitung nun sehr überlegenswert.

Wenn einer oder mehrere der oben genannten Faktoren bei dir zutreffen, darfst du einer Einleitung gegenüber ruhig offen sein. Das macht es dir dann bei der Geburt leichter, als wenn du von vornherein dagegen bist und verkrampfst.

Wichtige Gründe für eine Einleitung

Neben einer möglichen Wehenschwäche gibt es einige Gründe, die eine Einleitung medizinisch schon eher notwendig machen, um das Leben deines Kindes (und auch deines) nicht zu gefährden. Diese wären:

  • Komplikationen beim Kind
    • abnorme Herztöne
    • nur noch wenige bis keine Kindsbewegungen
  • Komplikationen bei der Schwangeren
    • viel Eiweiß im Urin
    • extreme Wassereinlagerungen
    • Abnormer Blutdruck, Puls, Fieber
    • Diabetes*
    • zu geringe Fruchtwassermenge
    • Plazentainsuffizienz
  • Blasensprung ohne Wehen
    Nach einem Blasensprung kann man etwa 12 Stunden abwarten, ob Wehen einsetzen. Danach steigt das Risiko einer Infektion stetig an. Um dem vorzubeugen, hilft jetzt eine Einleitung, um die Wehen in Gang zu bringen. Laut der aktuellen AWMF Leitlinie 2020 wird die Einleitung allerdings erst nach 24 Stunden empfohlen (siehe Seite 31).

* Hinweis: Bei einer insulinpflichtigen Gestationsdiabetes wird die Einleitung ab 40+0 empfohlen, bei einer gut eingestellten diätischen Gestationsdiabetes hingegen nicht. (siehe Seite 32 der AWMF Leitlinie 2020.)

Wer entscheidet eigentlich, ob eingeleitet wird?

Die Entscheidung, ob eingeleitet wird oder nicht, triffst letztlich immer du als Schwangere selbst. Meist jedoch nicht ohne Druck, der vom betreuenden Arzt ausgeübt wird. Das Gespräch mit ihm oder ihr läuft oft nicht ohne Angstmache ab. Denn der Arzt hat die Statistiken im Kopf und möchte kein Risiko eingehen, für das das Krankenhaus später verklagt werden könnte. Die aktuelle AWMF Leitlinie zur Geburtseinleitung von 2020 plädiert aber generell für ein evidenzbasiertes Vorgehen. Daran wird natürlich auch dein Arzt denken, wenn er dir unter Umständen zu einer Einleitung rät.

Dennoch ist es sinnvoll, deine Entscheidung gründlich zu überlegen. Schließlich ist es dein Körper und auch eine Einleitung ist nicht ganz ohne Risiken. Immerhin ziehen Einleitungen vor Abschluss der 42 Schwangerschaftswochen oft mehr medizinische Interventionen wie PDA oder gar Kaiserschnitt nach sich, als wenn eine Geburt von allein beginnt.

Die Einleitung einer Geburt hat sowohl Vorteile als auch Nachteile. Bei einer eingeleiteten Geburt kommt es unter anderem häufiger zu Rissen in der Gebärmutter, Ablösungen der Plazenta sowie stärkeren Blutungen und deutlich schmerzhafterer Wehentätigkeit. Letzteres liegt beispielsweise daran, dass sich dein Körper nicht in vollem Umfang auf die Geburt einstellen konnte, sodass die Hormone, die den Geburtsschmerz eigentlich etwas unterdrücken sollen, noch nicht vollständig freigesetzt wurden. Für dein Baby bedeutet eine eingeleitete Geburt oftmals zu wenig Sauerstoffzufuhr, denn die Wehen nach einer Einleitung sind oft sehr viel intensiver und stärker.

Auf der anderen Seite hat eine Einleitung natürlich ab einem gewissen Zeitpunkt oder bei nachteiligen Faktoren den klaren Vorteil, dass dein Baby gesund zur Welt kommen kann.

Es gilt also: Die Vorteile der Einleitung sollten die Nachteile überwiegen!

Daher lohnt es sich, wenn du im Vorfeld mit deiner Hebamme darüber sprichst. Auch vom Krankenhaus kannst du genaue Informationen einfordern. Frag am besten nach den Vorteilen und den Risiken einer Einleitung, lass dir Alternativen zu einer medikamentösen Einleitung nennen und erfrage auch, was passieren könnte, wenn du erst einmal abwartest oder ganz auf die Einleitung verzichtest.

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